Tiefdruckgebiete entwickeln sich um so stärker und rascher, je größer der Temperaturunterschied der Luftmassen ist, zu deren Verwirbelung sie beitragen. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für so eine markante Tiefdruckentwicklung findet sich im letzten Drittel des November 2024.
Östlich von Neufundland fand am 22.11.2024 eine Zyklogenese statt, es entwickelte sich ein Tiefdruckgebiet am Okklusionspunkt eines sich über dem östlichen Nordatlantik abschwächenden Tiefs. Auf dessen Vorderseite wurde Subtropikluft gegen Subpolarluft gelenkt. Die äquivalentpotentielle Temperatur betrug im 850 hPa-Niveau, also etwa 1,5 km Höhe, in der Warmluft mehr als 44°C gegen weniger als 16°C in der Kaltluft.
850 hPa-Analyse vom 22.11.2024, 00 UTC (Quelle: DWD/Berliner Wetterkarte)
Ab diesem Zeitpunkt erfolgte eine rasante Vertiefung des Zentrums des Tiefdruckgebietes “Sigrid” bei gleichzeitiger Verlagerung um etwa 2500 km über den Nordatlantik bis vor Irland. Der Kerndruck im Bodenniveau sank von knapp 995 hPa auf unter 965 hPa bereits 24 Stunden später. Das sind etwa -30 hPa innerhalb eines Tages, und das war noch nicht das Ende der Entwicklung dieses Sturmtiefs, das in Irland und im Vereinigten Königreich “Bert” genannt wurde.
Ausschnitt aus der Bodenwetterkarte vom 23. bis 25.11.2024, jeweils 00 UTC,
Kerndruck von Tief “Sigrid” jeweils 965 hPa, 950 hPa, 960 hPa (Quelle: Berliner Wetterkarte)
Für solch eine starke und schnelle Tiefdruckentwicklung hat sich seit einer Untersuchung zu explosiver Zyklogenese aus dem Jahr 1980 der Begriff Bombogenese in der Meteorologie verfestigt. (Frederick Sanders, John R. Gyakum: “Synoptic-Dynamic Climatology of the Bomb”/”Synoptisch-dynamische Klimatologie der Bombe”). Von dieser spricht man bei Tiefdruckgebieten in mittleren Breiten ab einem Druckfall von 1 hPa/Stunde im Bodenniveau über einen Zeitraum von 24 Stunden.
Orkanböen auf den Britischen Inseln
Am 23.11.2024 erfasste das Sturmfeld des Tiefs “Sigrid” die Britischen Inseln mit Windböen in Orkanstärke (12 Beaufort) und verlagerte sich dann weiter über die Nordsee Richtung Skandinavien.
Sturmanalyse, 23.11.2024 (Quelle: MeteoIQ)
Fast überall entlang der Küsten erreichte die Windgeschwindigkeit in Böen Stärke 10 Beaufort (ab 89 km/h) und nicht nur im schottischen Hochland, auch auf dem Brocken im Harz gab es Windböen über 150 km/h.
Spitzenböen in km/h, 23. bis 25.11.2024 (Quelle: MeteoIQ)
Dauerregen, Hochwasser und Überschwemmungen
Neben stürmischem Wind sorgte der anhaltende Niederschlag für Schäden auf den Britischen Inseln. Hinzu kam bei frühlingshaften Temperaturen von bis zu 13°C in Schottland und bis zu 19°C in England eine starke Schneeschmelze, die die Überschwemmungen noch verschärfte. Zum Teil fielen 80 % des für November normalen Monatsniederschlags, die höchsten Mengen kamen mit über 100 l/m2 72-stündig im Südwesten Großbritanniens zusammen.
72-stündige Niederschlagssumme in l/m2, 22.11.2024, 18 UTC, bis 25.11.2024, 18 UTC (Quelle: MeteoIQ)
Dauerregen im Südwesten Großbritanniens, Station Usk No 2, nördlich von Newport, 1-stündige Niederschlagsmenge in l/m2,
21. bis 27.11.2024 (Daten ukmo, Quelle: MeteoIQ)
Dauerregen ließ viele Flüsse in der Region über die Ufer steigen, teils wurden Hochwassermarken überschritten, wie z.B. der Wasserstand an der Messstation Risca am River Ebbw, einem rechten Nebenfluss des River Usk, zeigt.
Verlauf des Wasserstands des River Ebbw an der Messstation Risca, 21. bis 28.11.2024 (Quelle: GaugeMap)
Bei seinem weiteren Weg über die Nordsee traf das “Bomben”-Tief “Sigrid” Deutschland nur am Rande, im Süden Norwegens dagegen gab es ebenso wie auf den Britischen Inseln heftige Regenfälle, die mit Auffüllung des Tiefs und weiterem Zug Richtung Nordkap im weiteren Verlauf aber an Intensität verloren.
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