Außergewöhnliche Sturmflut entlang der Ostsee

Am 20. und 21. Oktober 2023 führten starke Luftdruckgegensätze zu kräftigem östlichen Wind über Norddeutschland, der an der Küste Orkanstärke erreichte. Dies sorgte in der westlichen Ostsee zu einer außergewöhnlich starken Sturmflut, wie sie in den letzten 150 Jahren nicht mehr aufgetreten ist. Die Rekordwasserstände führten zu erheblichen Schäden entlang der Küste sowohl in den überschwemmten Ortsteilen als auch in Häfen und an Stränden.

Zwischen Tief „Wolfgang“ und Hoch „Wibke“

Am 20. Oktober 2023 lag das kräftige Hochdruckgebiet „Wibke“ über Skandinavien. Gleichzeitig verstärkte sich Tief „Wolfgang“ mit Schwerpunkt über dem Golf von Biskaya. Aufgrund der starken Luftdruckgegensätze stellte sich über der Ostsee eine sehr kräftige östliche Strömung ein.

Am 21. Oktober 2023 hielt die Wetterlage zunächst noch an. Im Laufe des Tages schwächte sich Tief „Wolfgang“ ab und verlagerte sich weiter nach Nordosten.

Bodenwetterkarte vom 20. Oktober 2023 um 01 Uhr MEZ. (Quelle: Berliner Wetterkarte)

Lang anhaltender Oststurm

An zahlreichen Stationen in Norddeutschland wurden Sturmböen und schwere Sturmböen registriert. Vor allem entlang der Ostseeküste maßen die Wetterstationen orkanartige Böen und auf Rügen, Hiddensee sowie in Kiel und Dahme Orkanböen mit mehr als 118 km/h.

Die höchsten Windgeschwindigkeiten traten dabei am Abend des 20. Oktober 2023 auf. Die Hauptwindrichtung war Ost.

WetterstationMaximale Windböe in km/h
Kap Arkona/Rügen133
Kiel/Leuchtturm131
Hiddensee-Dornbusch126
Dahme Ostsee122
Fehmarn-Wulfen115
Greifswalder Oie113
Fehmarn-Staberhuk113
Schönhagen (Ostseebad)108
Fehmarn-Westermarkelsdorf105
Glücksburg-Meierwik101
Stralsund98
Pelzerhaken96
Juliusruh94
Kiel-Holtenau93
Flensburg92
Greifswalder Oie91
Göhren (Rügen)91
Hiddensee-Dünenheide91
Hohn90
Putbus89
Boltenhagen88
Darßer Ort87
Putlos86
Zinnowitz (Usedom)83
Schleswig83
Schleswig-Jagel83
Schleswig81
Itzehoe80
Laage79
Barth79
Bastorf-Kägsdorf79
Greifswald78
Groß Lüsewitz78
Klink78
Ruthenstrom76
Timmendorfer Strand76
Lübz76
Dörnick75
Höchste 1h-Windböen mit 75 km/h oder mehr in Deutschland vom 19.10.2023 14 MESZ bis 22.10.2023 14 MESZ in km/h, Daten: DWDDTN

Höchste Pegelstände seit 150 Jahren

Der Oststurm mit Orkanböen sorgte dafür, dass sich das Ostseewasser an der deutschen Ostseeküste aufstaute und deutlich über den mittleren Wasserstand anstieg.

Betroffen war im Prinzip die gesamte deutsche Ostseeküste von Usedom bis nach Flensburg, wobei der Schwerpunkt eher im westlichen Abschnitt, also der schleswig-holsteinischen Ostseeküste lag. Zu beachten ist auch, dass das Hochwasser auch in die binnenartigen Gewässer wie die Schlei und die Trave hineingedrückt hat, so dass auch in Schleswig und im Stadtgebiet von Lübeck zu Überschwemmungen kam.

Dabei wurden Rekordwasserstände erreicht, die am Pegel Schleswig für einen Wasserstand von etwa 731 cm sorgte. Der mittlere Wasserstand beträgt dort 506 cm. Somit lag der Wasserstand dort bei ca. 225 cm über dem mittleren Wasserstand.

In Flensburg erreichte der Pegel sogar einen Wert von 227 cm über dem Normalmittelwasser (NMW). Dies ist der zweithöchste Pegelwert, der in den letzten 150 Jahren dort registriert wurde und wird nur übertroffen von der Sturmflut am 13. November 1872.

OrtUhrzeit (MESZ)Pegelwerte (cm)Abweichung vom Normalmittelwasser (cm)
Flensburg23:40727227
LT Kalkgrund23:57708208
Schleimünde22:08707207
Eckernförde22:10715215
Kiel22:33695195
Travemünde19:49678178
Lübeck20:36681181
Wismar23:20658158
Warnemünde23:37648148
Rostock23:15650150
Sassnitz23:04614114
Greifswald19:53648148
Koserow20:05608108
Maximale Wasserstände an ausgewählten Pegeln am 20.10.2023 (Quelle: Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie)

Schwere Schäden entlang der Ostseeküste

Aufgrund der schweren Sturmflut wurden mehr als zweitausend Menschen evakuiert. Der Sturm und das Hochwasser verursachten entlang der deutschen Ostseeküste sehr viele Schäden. Dazu zählen typische Sturmschäden, es kam aber auch zu Verkehrsbehinderungen und Stromausfällen. Deiche wurden überspült und beschädigt, zahlreiche Strände wurden erheblich abgetragen. In den Häfen sanken Boote und Segelyachten und es kam zu Schäden an Stegen, Molen, Wegen, Booten und Strandkörben. In den von Überschwemmungen betroffenen Ortsteilen gab es zudem beschädigte Häuser und zerstörtes Inventar.